Marc-Antoine Fehr
Les nuits bourguignonnes
Das Werk von Marc-Antoine Fehr ist aus der Materie von Tagträumen geschaffen – einer Substanz, die uns eigen und fremd zugleich erscheint. Auf der Leinwand oder dem Papier bieten uns seine Arbeiten so Bildnisse von einer sonderbaren Sachlichkeit, die sowohl unseren direkten Blick, als auch unser inneres Auge tiefgehend prägen. Dabei schöpft der Maler seine Motive aus dem direkten Umfeld wie etwa seinem Haus, seinem Atelier, vertrauten Personen, aber auch ausrangierten Gegenständen oder Fotografien und erschafft somit Welten, die sich langsam ans Dunkel verlieren.
Für die Ausstellung in Gruyères präsentiert der Schweizer Künstler, der zwischen Zürich und dem Burgund lebt und arbeitet, eine eindrucksvolle Serie von Kunstwerken und Objekten – der Seele seines Ateliers. Aktuell finden die Porträts, Stillleben, Interieurs und Monumentalkompositionen ihren Platz in den historischen Räumlichkeiten des Schlosses und geben so einen Einblick in ein mystisches Universum, das sich uns immer auch ein wenig zu entziehen scheint.
Kurator
Jean-Paul Felley
In freundlicher Zusammenarbeit mit der Galerie Peter Kilchmann (Zürich)
Vernissage
Freitag 8. Juli 2022 um 18.30 Uhr
Das Werk von Marc-Antoine Fehr (*1953), das seit den 1970er-Jahren international präsentiert wird, beschäftigt sich mit den klassischen Genres Stillleben, Landschaft, Interieur und Porträt. Der Künstler interessiert sich für komplexe Themenstellungen, die er in Monumental-kompositionen und Gemäldezyklen bearbeitet. In Fehrs Arbeiten gehen die Zeichnung und die Malerei Hand in Hand miteinander einher und seinen grossformatigen Werken gehen immer zahlreiche Studien voraus, die von der reduzierten Bleistift- oder Federskizze bis zu nahezu vollendeten Öl- oder Temperamalereien reichen. Sein Werk ist in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, wie beispielsweise dem Aargauer Kunsthaus, dem Kunstmuseum Olten, der Nationalen Kunstsammlung Bern oder im Kunsthaus Zürich.
Stille und Einsamkeit
Seit Beginn der Siebzigerjahre tätig, vereint der Zürcher Maler heute in den historischen Sälen der gräflichen Burg sowohl eine Reihe neuer Werke als auch ältere Arbeiten. Die in Zusammenarbeit mit Jean-Paul Felley, dem Kurator der Ausstellung entstandenen Burgundischen Nächte entsprechen der ersten Einzelausstellung des Künstlers diesseits der Saane. Mit den Räumlichkeiten des Schlosses im Austausch stehend, schafft es die Ausstellung, die grossformatigen Kompositionen, die der Maler virtuos beherrscht, ebenso gewinnbringend in Szene zu setzen wie die geheimnisvollen Landschaftsgemälde, die rätselhaften Stillleben oder die Temperamalereien, mittels derer Marc-Antoine Fehr seinen künstlerischen Forschungen nachgeht.
Zwischen dem Burgund und der Schweiz lebend und arbeitend, versäumt Marc-Antoine Fehr es nicht, die für sein Schaffen notwendige Einsamkeit zu erwähnen. Abgeschieden auf dem Land und jeglicher Hektik entlegen, ist sein französischer Wohnsitz mit der Zeit zum Schauplatz seiner Visionen geworden, die der Dämmerung entspringen und die er in seinen Malereien festhält. Somit werden sein Haus, das Atelier, die umliegende Natur oder auch ausrangierte Gegenstände zum Ausgangspunkt seiner Werke. Beobachtet, studiert und schliesslich inszeniert, werden die Objekte Teile der Kompositionen, die Marc-Antoine Fehr darbietet. So erwacht die Figur zum Leben, erscheint das Tier auf der Lauer und wendet das Modell seinen Blick ab. Unter dem Pinsel des Künstlers vermischen sich das Winzige mit der unendlichen Weite, verschmelzen das Leblose mit dem Lebendigen und öffnet sich so ein fesselnder Einblick in eine greifbare und zugleich geheimnisvolle Welt.
Es ist die Stille, die kompromisslos in den Arbeiten des Malers herrscht, obgleich der Abbildung von Musikinstrumenten. Der Mond schillert über einer Landschaft, eine Schleiereule breitet ihre Flügel aus, eine umgedrehte Maske scheint den Atem anzuhalten. In stiller Andacht neigt der Künstler dazu, sich in den scheinbar stoischen Modellen, die seine Bilder bewohnen, widerzuspiegeln und seinen Blick auf das Mysteriöse einer geheimen Welt zu richten, wenn eben jene Figuren in einer seiner Arbeiten beispielsweise einen grossen Modellbau tragen. Zudem scheut Marc-Antoine Fehr es nicht, sich selbst in seinen Bildern zu erfassen, wie in der eindrucksvollen Mise en abyme L’Atelier (2019) geschehen, die auf den alten Steinen des Schlosses meisterlich ihre Wirkung entfaltet.